Ist meine Beziehung am Ende oder lässt sich die Beziehungskrise überwinden?

Du spürst es – die Krise ist da. Du hast alles dafür getan, dass sie nicht kommen wird, hast versucht, die Liebe zu halten, hast alles versucht, damit das Verliebtsein- Gefühl ewig hält. Du warst aufmerksam, liebevoll und hast Verständnis gezeigt. Du hast Ratgeber gelesen, kommuniziert und zugehört. Und dennoch ist sie da. Die Beziehungskrise. Und die Gefühle füreinander verändern sich, vielleicht steckst du sogar in einer Phase, in der du überlegst, ob du überhaupt noch etwas für deinen Partner empfindest. Vielleicht hast du das Gefühl, die „Idealvorstellung“eurer Beziehung noch zu lieben, aber nicht den Partner, der auf einmal und schleichend hinter diesem Idealbild hervortritt.

 

Krise als Chance

Doch tatsächlich steht hinter jeder Krise auch eine Chance. Natürlich hast du die Möglichkeit, aus dieser Situation zu gehen, dich aus der Beziehung zu lösen und nach einem anderen, einem „besseren“ Partner zu suchen. Vielleicht wirst du ihn finden – aber vielleicht entzaubert sich auch diese Liebe irgendwann und du wirst wieder vor dem Thema stehen, dass das „rosarote“ Gefühl nicht ein Leben lang andauern wird.

Denn die Liebe ist ein ständiger Balanceakt, der keinen Stillstand kennt. Eine Paarbeziehung – eine Liebe ohne Krise kann es nicht geben. Und das ist auch gut so, denn Krisen sind die Wachstumszeiten von Beziehungen. Viele Beziehungskrisen lassen sich bewältigen und sogar Phasen des ständigen Streitens in der Beziehung lassen sich überwinden.

Unlösbare Beziehungskrisen

Natürlich gibt es auch Krisen, die nicht zu lösen sind. Es gibt Krisen, in denen nur einer sich weiterbewegt und der andere stehen bleibt. Es gibt Krisen, welche deutlich machen, dass die Beziehung nicht mehr zu retten ist und zwei Menschen nicht mehr zu einem funktionierenden Team zusammenwachsen können. Aber nicht jede Beziehungskrise, und sei sie noch so schmerzhaft, bedeutet zwangsläufig, dass man sich trennen sollte. Wenn du in Erwägung ziehst, zu gehen, dann solltest du dich einmal ganz ehrlich fragen, ob du deinen Partner wirklich nicht mehr liebst, oder ob es „nur“ der Zustand ist, in dem sich eure Beziehung momentan befindet, den du nicht mehr liebst. Ist es der Partner, oder die Situation, die dich zum Gehen bringt? Denn tatsächlich wirst du deinen Partner nicht so einfach verändern können – ihr beide zusammen könnt aber sehr wohl an der Situation etwas verändern – und gemeinsam einen neuen Weg einschlagen.

Es gibt keine eindeutige Auskunft, wann man besser gehen sollte – aber um dir zu helfen, einmal einen anderen Blick auf deine Partnerschaft zu werfen, stelle ich hier eine Liste mit entscheidenden Beziehungsaspekten auf. Lies die einzelnen Aspekte einmal in Ruhe durch und denke darüber nach, welch eine Bedeutung diese Themen in deiner Beziehung- auch und gerade in der jetzigen Beziehungskrise- haben.

 

Anzeichen dafür, dass eine Beziehung sich retten lässt

Je mehr dieser Anzeichen sich finden, desto mehr spricht dafür, dass die Beziehungskrise sich überwinden lässt und die Beziehung zu retten ist:

Gemeinsamkeit: Ihr verbringt gerne Zeit miteinander, habt gemeinsame Interessen und freut euch darauf, gemeinsam Dinge  zu unternehmen. Mangelnde Gemeinsamkeiten führen fast immer zu Beziehungskrisen.

Sinn und Ziele: Ihr habt ähnliche Vorstellungen davon, worum es in eurem Leben gehen soll, ihr habt Lebensentwürfe, die in den entscheidenden Themen übereinstimmen. Eure Vorstellungen von einem befriedigten Leben stimmen überein (bspw.: Kinder, Arbeit, Familie, Wohnen…).

Achtung voreinander: Achtung und Respekt sind die Grundpfeiler einer Beziehung und sollten in keinem Fall durch irgendwelche Verletzungen oder aber Fehlverhalten verloren gegangen sein. Das bedeutet auch, dass ihr behutsam gegenüber Dritten mit den Belangen und Empfindsamkeiten des Partners umgeht. Ihr redet nicht schlecht übereinander und steht zueinander. Mangelnde Achtung in einer Beziehung führt zielsicher in eine Beziehungskrise.

Kommunikation: Ihr redet miteinander und könnt Konflikte klären. Ihr seid bei Konflikten beide um Klärung bemüht und entwertet euch dabei nicht. In einer Beziehungskrise ist auch die Kommunikation krisenhaft.

Loyalität zum Partner: Loyalität bedeutet, zueinander zu stehen. Ehrlich und offen zu sein und nichts (wesentliches) voreinander geheim zu halten. Loyalität ist ebenso wie der Respekt ein Grundpfeiler einer tragfähigen Beziehung. Gibt es keine Loyalität, solltest du tatsächlich überlegen, die Beziehung zu verlassen, denn dann ist die Beziehung in aller Regel nicht mehr zu retten.

Interesse am Partner: Es gibt ein Interesse aneinander. Ihr kennt euch und das bedeutet, dass ihr wisst, wie der andere zu trösten ist oder zu beruhigen. Ihr kennt die Lieblingsfilme, Musik, Träume und Wünsche. Ihr kennt die Bedürfnisse des anderen, weil ihr interessiert an ihm als Person seid.

Körperlichkeit: Ihr fühlt euch körperlich zueinander hingezogen, könnt euch gut „riechen“ und ansehen, mögt es, euch zu berühren und berührt zu werden. Es geht hierbei auch, aber nicht ausschließlich, um sexuellen Kontakt, sondern auch um liebevolle Berührungen im Alltag.

 

Wann ist eine Beziehung am Ende?

Es gibt mit Sicherheit einige Anzeichen dafür, wann eine Beziehung definitiv am Ende ist und besser verlassen werden sollte: beispielsweise bei fehlendem Respekt, mangelnder Achtung oder Illoyalität, bei Gewalt oder körperlichem Ekel. Tatsächlich erlebe ich aber in meiner Arbeit viel seltener Paare mit solch offensichtlichen „Beziehungsstörungen“, sondern viel eher Paare, welche auf die „Eigendynamik“ einer Beziehung nicht vorbereitet zu sein scheinen. Sie kommen dann zu mir, wenn der Mythos der „ewigen Liebe“ sich aufzulösen scheint oder „plötzlich“ abhanden gekommen ist und die Prinzessin oder der Prinz sich in „normale, menschliche und sich entwickelnde“ Wesen verwandeln.

Der Mythos „Wer den Richtigen gefunden hat, bleibt bis an sein Lebensende glücklich“ bringt im Umkehrschluss mit sich: „Wenn ich nicht mehr glücklich bin, dann scheint es nicht der Richtige zu sein“ und bringt gleichzeitig viele Paare dazu, sich selbst und ihre Beziehung in Frage zu stellen.

Aber eine Beziehung muss sich verändern. Es gibt keine unveränderliche Liebe. Tatsächlich gibt es in Beziehungen immer wieder einen Neuanfang. 

 

Gemeinsam einen Neuanfang versuchen

Ich denke, es geht in Beziehungen meist viel weniger darum, den Partner oder die gemeinsame Lebenssituation in Frage zu stellen. Es geht wohl mehr darum, die eigene Vision, die eigene Vorstellung von Liebe und Beziehung, in Frage zu stellen. Ganz häufig geht es in einer langandauernden Beziehung darum, seine eigenen Vorstellungen von der Liebe verändern zu müssen, statt den Partner oder das gemeinsame Leben.

Wenn du nicht mehr zufrieden bist, oder dich nicht mehr wohl fühlst in deiner Beziehung, dann überprüfe einmal für dich, ob es an der tatsächlichen Situation liegt, die dir das „weitermachen“ schwer macht, oder ob deine romantische Vorstellung vielleicht im Wege steht, einen neuen, einen anderen Weg, mit deinem Partner zu gehen.

Vielleicht mach es Sinn, diesen Mythos, den Mythos vom ewigen Glück mit Schmetterlingen im Bauch und dem „für immer und ewig“ einmal zu überprüfen – und vielleicht ergibt es sich, dass es einen eigenen Mythos, einen für dich und deinen Partner, geben kann und darf. Einen, der für eure Beziehung passend ist. Und auch einen, in dem es Krisen und Veränderungen geben darf.

Eines ist auf jeden Fall sicher: Der romantische Hormonrausch vergeht. Und wenn dieser hormonelle Schub das rosarote Gefühl, verebbt, ist es eine ganz bewusste Entscheidung, den Weg gemeinsam als Paar, mit allen Herausforderungen, Krisen und Hindernissen, anzunehmen.